Der Unfalltag 08. März 2023 Zweiter Eintrag
Nachdem wir festgestellt haben, dass diese Teile (wir nennen sie auf norwegisch „undergurt“) keinen Grat an der Unterseite des Balkenstücks haben, aber laut Planzeichung und Aufbaulogik des Daches hätten haben müssen, fragte mich mein Chef, ob er die Teile anpassen soll, oder ob ich das machen wolle.
Natürlich möchte man ja Einsatz zeigen und aus dem Grund sagte ich zu meinem Chef, dass ich das Anpassen gerne übernehme, schnappte mir die Teile und trug sie zur Kreissäge, eine große Altendorf.
Der Undergurt sieht so aus:

1 ist die Seitenansicht, 2 ist die Draufsicht
Die rote Linie ist die geplante Sägelinie und der rosafarbene Bereich ist das, was abgesägt werden soll.
Dort angekommen, habe ich dann die Säge recht schnell auf den Winkel von 33.8° eingestellt und habe das erste von den, ich glaube, sechs Teilen gesägt. Das war auch kein Problem. Ich war bewaffnet mit einer Schiebestange, um genug Abstand zum Sägeblatt zu haben und schob es von der Seite mit dem 90° Winkel durch die Säge.
Das nächste Teil war dann aber schon mit etwas mehr Anspruch verbunden, es war spiegelverkehrt zum ersten Teil. Also musste ich die Schiebestange, die ich in der rechten Hand hielt, an der abgeschrägten Außenseite ansetzen und begann damit, es durch die Säge zu schieben. Das Teil ließ sich eigentlich recht gut durch die Säge schieben, aber es stoppte bei ca. zwei Drittel der Länge ab. Hier traf ich einen Ast, was das Weitersägen schwieriger machte. Das ist nicht ungewöhnlich, wer schon mit Holz gearbeitet hat, weiß wie ärgerlich Äste manchmal sein können. Ich hatte im Grunde noch genug Abstand zum Sägeblatt und hab mich daher entschieden, mit der linken Hand am äußersten Eck des Teils ein wenig beim Schieben nachzuhelfen. Was auch irgendwo schon deswegen Sinn macht, weil sich sonst einseitig vom Werkstück der Druck des Vorschiebens erhöht und man dann einen kurvigen Schnitt erhält.
Ich erreichte damit, was ich wollte: Das Holzstück ließ sich, zwar schwer, aber dennoch weiter durch die Säge schieben. Dann war ich offensichtlich durch den Ast durch und die Säge begann damit, sich wieder, wie gewohnt, zügig durch das Material zu fressen.
Allerdings rutschte ich bei der jetzt plötzlich wieder vorhandenen, normalen Sägegeschwindigkeit mit der Schiebestange in der rechten Hand an der Schrägkante ab und…
PANG
Ich hörte einen lauten Knall, ein Geräusch, was ich so in dieser Form noch nie in meinem Leben gehört habe. Es flog auch etwas kleines an meinem Kopf vorbei.
Ich spürte einen Schmerz an meiner linken Hand, großflächig, nicht punktuell. Ich verstand zunächst nicht, was das alles war, was innerhalb von einem Bruchteil einer Sekunde passiert war.
Natürlich schaute ich mir meine linke Hand an, ich wollte ja wissen, warum da etwas weh tat. Und ich konnte meinen Augen nicht trauen. Meine Finger… ich… oh mein Gott, ich habe mir die Finger abgesägt!
Mein Zeigefinger war oberhalb des mittleren Gelenks komplett durchgesägt. Da, wo normalerweise der Rest des Fingers gewesen wäre, war eine stark blutende Wunde und es schauten wüst zerstörte Knochenstücke aus dieser Wunde heraus.
Das, was eben noch an meinem Kopf vorbeiflog, stellte sich dann etwas später als der Rest meines Zeigefingers heraus.
Mein Mittelfinger war ebenfalls knapp oberhalb des Mittelgelenks durchtrennt, hing aber noch an einem kleinen Hautlappen auf der Seite zum Daumen hin fest. Auch hier standen stark zerfetzte Knochenstücke aus der ebenso stark blutenden Wunde heraus. Der Rest des Fingers hing in einem sehr unnatürlichen Winkel herab.
Der Ringfinger sah im Grunde genau so aus, wie der Mittelfinger. Auch an diesem Finger eine sehr starke Blutung, Knochenstücke standen aus der Wunde heraus und hier hatte ich das Sägeblatt knapp unterhalb des äußeren Gelenks erwischt. Das so gut wie abgetrennte Stück des Fingers hing auch nur noch ein einem kleinen Hautlappen.
Am Daumen habe ich eine tiefe Fleischwunde entdeckt. Aufgrund des Blutes und dem unbeschreibbaren Zustand in der Wunde konnte ich aber nicht sehen, ob ich den Knochen erwischt habe oder nicht. Aber der Schnitt in den Daumen verlief mit dem Daumen und wenn ich den Daumen nur zwei, drei Zentimeter weiter in die Säge gebracht hätte, hätte ich mir den Daumen mittig geteilt.
Der kleine Finger war der einzige Finger, der nichts abbekommen hat.